Nach der AKW-Katastrophe in Japan tauchte in verschiedenen Blogs die Frage auf, worauf wir verzichten könnten, wenn bei uns alle AKWs abgeschaltet würden, wir also auf längere Zeit mit weniger Energie auskommen müssten. Die Frage, was das wirtschaftlich für die Industrie bedeuten würde, stelle ich hier nicht. An dieser Stelle dreht es sich nur um unseren eigenen Verzicht.
NixZen fragt in seinem Blog nach kreativen Köpfen mit Charakter, Ethik und Moral für den Prozess einer gesellschaftlichen Neuorientierung. Ich bezog das auf Politiker und bat ihn, mir einen zu nennen. Aber NixZen meint uns alle. Wir alle könnten mit den drei von ihm genannten Eigenschaften zu einer besseren Welt beitragen. Das wäre die Theorie.
Die Praxis sieht leider anders aus – tut mir leid, NixZen, aber da bin ich doch etwas pessimistisch. Die Mentalität heute ist doch eher so: „Sollen DIE doch erst mal anfangen.“ Wer immer auch DIE sein mögen. Wahrscheinlich sind DIE für jeden andere. Und das, was „ich“ an Energie mal verschwende, mein Gott, das ist doch nur ein Klacks.
Wir hatten einen langen und frostigen Winter. Jeden Morgen bei meiner Gassirunde mit Hund kratzten frustrierte, frierende Menschen ihre Autos frei – bei laufendem Motor. Verschiedene flüssige Substanzen wurden großzügig auf die Autoscheiben gesprüht, damit das Eis wie von Zauberhand verschwinden solle. Früher habe ich die Menschen noch angesprochen, heute lasse ich das, weil ich auf taube Ohren stoße.
15-30 Minuten vor Benutzung ihrer Autos wird per Fernbedienung die Standheizung gestartet. Es soll ja schön mollig sein, wenn man aus dem sehr gut beheiztem Büro in den Feierabend fährt.
Ein Freund meinte letztens zu mir:“Ach, ihr habt ja noch so ein Kasperletheater….“ Gemeint war unser alter Fernseher. Ja, haben wir noch. Aber es ist schon ein stromsparendes Gerät gewesen, mit einer echten Aus-Taste. Wir hatten kein Bedürfnis nach einem Flachbildschirm. Das Fernsehprogramm ist schon flach genug. Nun verabschiedet sich ein Lautsprecher. Nur über Kopfhörer ist der Klang noch o.k. Das reicht mir. Ich sehe so selten fern, dass es mich vor dem Kauf eines neuen Gerätes graut.
Aber da es heute (fast) alles käuflich zu erwerben gibt, wird eben konsumiert. Nur nicht geizig sein! Die Wirtschaft muss angekurbelt werden. Und sei es mit Dingen die so überflüssig sind wie ein Kropf. Was da angeboten wird ist unglaublich! Kennt einer den Katalog „Moderne Hausfr…“? Ich hab da mal reingesehen. Und offensichtlich besteht Bedarf, bzw. wird Bedarf geweckt. Was da an Ressourcen zur Herstellung absolut unnötigen Mists verschwendet wird. Und ich bin mir sicher, das Zeug landet ganz schnell wieder auf dem Müll. Weil es doch nicht so ganz genau so ist, wie man es sich vorgestellt hat. Aber der nächste Katalog ist ja schon unterwegs. Und in den Billigstlohnländern schuften Menschen, oft auch Kinder, unter menschenunwürdigen Bedingungen für die Herstellung dieser Produkte.
Jedes Mal wenn ich meine Jeans anziehe, denke ich an diesen Artikel von greenpeace: http://www.greenpeace-magazin.de/index.php?id=5196
Vor drei Jahren brauchte ich für eine Rehamaßnahme Walkingschuhe. In keinem Schuhgeschäft habe ich welche aus einheimischer Produktion gefunden. Ich bin fast ganz Berlin abgeklappert. Leider kann ich keine Hunderte von Euro ausgeben um mir bei einem Schuster welche anfertigen zu lassen.
Mit Lebensmitteln geht es weiter. Ich esse (fast) kein Fleisch und keinen Fisch – das hat zunächst nichts mit ökologischen Gesichtspunkten zu tun, sondern mit ethischen. Ich lehne diese grausame Massentierhaltung absolut ab. Bin ich bei Bekannten in einer Kleinstadt zu Besuch, lange ich dann schon mal zu. Das Fleisch ihrer Metzgerei stammt von glücklichen Rindern und Schweinen. Ich lasse das mal so stehen, weil ich nicht wirklich weiß, wann und wie sich eine Kuh oder ein Schwein glücklich fühlen. Sie werden letztendlich getötet, um als Wurst auf meinem Teller zu landen. Damit habe ich ein Problem!
Also weniger Fleischkonsum, Obst und Gemüse aus saisonalen, heimischen Anbau. Ich brauche keine Erdbeeren im Januar! Der Verzicht auf Bananen würde mir schwerer fallen. Probleme bereitet mir noch die vegane Lebensweise. Ich liebe Käse, Quark und Milchprodukte. Aber ich weiß auch, wie sie hergestellt werden. Ich weiß von den Qualen der Milchkühe, ihren ewig entzündeten Eutern, die antibiotisch behandelt werden müssen. Dazu kann ich einen Beitrag aus den Mitternachtsspitzen von Hagen Rether, Stichwort Milch, empfehlen. Läuft auf YouTube und ist in einigen Blogs gepostet.
Steige ich auf Sojamilch um? Und unterstütze das Kartell der Genmanipulanten?
Moralisch und ethisch leben bedeutet Charakter haben. Das bedeutet auch, gegen den Strom zu schwimmen. Doch das ist anstrengend und kräftezehrend.
Nachtrag Juni 2014: Mittlerweile lebe ich vegan und weiß so ziemlich alles über den Sojaanbau. Meine sojabasierten Produkte sind weder gentechnisch behandelt noch musste Regenwald dafür geopfert werden. Anders sieht das beim Anbau für Soja aus, das ausschließlich zu Tierfutter für die Massentierhaltung angebaut wird. Fleischesser sind somit diejenigen, die über ihren Konsum das Abholzen der Regenwälder und die Klimaerwärmung (Methanausstoß der Rinder ist ein erhebliches Problem) mit zu verantworten haben.
Dem gibt es kaum was hinzuzufügen.
Ich trage immer (und auch lieber) mollige Jacken,
statt die Wohnung zu überhitzen.
Mein Geflügel kommt von einem Bauernhof in der Nähe,
so wie auch Fleisch das ich einkaufe.
Ich trenne Müll und auch sonst leben wir sehr bewusst.
Hab mich bei meinem Ausflug, der eigentlich sehr schön war (zu lesen bei http://peonie1.wordpress.com), darüber geärgert, das wir Kohle aus Australien einführen und hier die geförderte exportieren.
Naja, so könnte man sich dranhalten mit Beispielen
und solange die Gier der Menschen nach Materiellem und vor allem nach viel Geld besteht, wird sich auch nichts ändern.
Ich kann nur für mich im Kleinen agieren und das tue ich aus Überzeugung.
Für mich habe ich schon längst in der Natur mein Glücksempfinden entdeckt
und genieße es immer mehr *lächel*
Mal herzliche Grüße hier lass, Barbara
Ich versuche gerade wieder einmal die Balance zu finden. Es gibt Zeiten, wie gerade diese, da laufe ich Gefahr, alles nur noch pessimistisch zu sehen. Und dann gibt es diese unvorstellbaren Glücksmomente, wie heut früh: Ich laufe mit Hund durch eine Kleingartenanlage und da höre ich sie. Ganz weit oben am Himmel mindestens ein Dutzend Formationen aus dem Süden zurückkehrender Gänse. Ich musste einfach stehenbleiben und einen Willkommensgruß zu ihnen schicken. Hund kennt das schon 😉
Im Spätherbst verabschiede ich die Vögel mit Bedauern und wünsche ihnen einen guten Flug.
Es gibt ein wunderschönes Lied von Silly mit diesem Refrain:
Bye Bye my Love /
Ich will nur einmal mit den Vögeln zieh´n /
Bye Bye my Love /
Ich komme wieder, wenn die Wiesen blüh´n /
Eine schöne Woche wünscht Dir
Elvira
„Wir hatten kein Bedürfnis nach einem Flachbildschirm. Das Fernsehprogramm ist schon flach genug.“ … Lach 🙂 – schön formuliert.
Wichtig ist doch, dass ich mich frage, ob mein eigenes Verhalten meinen eigenen Werten entspricht. Einheit von Wort und Tat sozusagen. Dann gibt es auch keinen Grund zum Pessismismus.
So schrecklich die Nachrichten aus Japan sind, so beruhigend finde ich es dennoch, dass die Natur über den Menschen herrscht und nicht anders herum.
Ja, da hast Du sicher Recht! Selbst, wenn es uns Menschen eines Tages nicht mehr geben wird, wird die Natur sich diesen Planeten zurückerobern.
Wie Barbara schon schrieb, können wir nur unser eigenes Leben nach unseren Wertvorstellungen gestalten. Mir reicht das nur manchmal einfach nicht. Wahrscheinlich muss ich mich da in Demut üben.
Liebe Grüße
Elvira