Alle, die einen Garten besitzen, egal, ob ein Haus oder eine Laube darauf steht, werden mir doch sicherlich Recht geben: Was kann es schöneres geben, als von der Terrasse in den Garten zu sehen, sich an den Pflanzen und dem Getier zu erfreuen (o.k. gewisse Schnecken schließe ich hier mal aus!) und an ein Schwätzchen mit dem Nachbarn halten (wenn man nicht zur großen Zahl derer gehört, die mit ihren Nachbarn im Dauerstreit liegen). In euren Blogs beschreibt ihr eure Gärten so wunderbar in Bildern und Worten, dass ich weiß, wie sehr ihr eure Oasen liebt. (Balkone bleiben hier mal außen vor, da sie nicht Thema dieses Beitrags sind – obwohl sie natürlich auch wahre Oasen sein können). Was aber geht in Menschen vor, die sich den Blick in ihr grünes Wohnzimmer verbauen? Da werden direkt vor der Terrasse schulterhohe Holzplatten angebracht. Sitzt man dort am Kaffeetisch, sieht man nur auf eine Holzwand. Es wird verrammelt und dicht gemacht, dass ich aus dem Staunen nicht mehr herauskomme.
Gestern war ich bei meinen Kindern zu Besuch. Sie haben eine 40 qm große Terrasse mit einem freien Blick in den großen Garten. Egal, wo ich dort stehe, liege oder sitze, immer kann ich diese Sicht genießen. In der ganzen Ecke dort hat kein einziger Nachbar sein Grundstück umzäunt! Die durchwegs freundlichen Nachbarschaftsgespräche können also nur am gedachten Zaun geführt werden, oder die Nachbarn bitten gleich hinein, was am häufigsten der Fall ist. Nun lief ich heute früh durch unsere Siedlung und nahm diese neue Art der „Gartengestaltung“ wahr. Alle Erdgeschosswohnungen verfügen über relativ große Mietergärten. Einsehbar sind diese von außen kaum, da die Hecken dicht belaubt und hoch sind. Man müsste sich schon auf Zehenspitzen direkt an die Hecke stellen um hinübersehen zu können. Dennoch haben ziemlich viele Mieter das Bedürfnis, sich einzuigeln. Da werden Bambusmatten vor das Gartentor genagelt, damit ja niemand einen Blick nach innen erhaschen kann. Besagte Holzwände überragen die Hecken, zeltähnliche Gebilde umhüllen die Terrassen wie ein Kokon. Fehlt diesen Menschen nicht etwas? Wenn ich einen Garten habe, möchte ich diesen doch genießen, sehen, wie meine Blumen, meine Kräuter oder Tomaten wachsen. Wozu sonst ist ein Garten da?
Nachtrag: Nach dem Posten dieser Überlegungen hatte ich mich auf die Wanderung durch die virtuellen Bloggärten gemacht und bin bei scratchysgarden auf eine mögliche Antwort gestoßen: Die Gärtner wollen nicht etwa jemanden den Einblick verwehren, vielmehr möchten sie nicht das Elend der Schnecken-, Ameisen- und Läuseinvasionen tagtäglich sehen müssen. Ob das eine (nicht ernstgemeinte!!) Erklärung wäre?
Das kommt mir sehr bekannt vor, wenn auch auf einem anderen Gebiet:
Wir wohnen in einer kleinen „Siedlung“ mit 6 sogenannten Stadtvillen mit je 3 Etagen und 8 – 10 Wohnungen. Alle Wohnungen haben bodentiefe Fenster. Und was machen die meisten Einwohner – Mieter wie auch Eigentümer -?: Sie befestigen Plissees an der unteren Hälfte. Der Blick nach draussen – und nach innen natürlich auch – ist dadurch stark eingeschränkt. Eine Einwohner haben ständig sogar die gesamten Fenster verrammelt. Ich würde eingehen in so einer Wohnung. Auch die Balkongitter sind bei vielen mit Matten zugehängt. Man könnte ja was sehen von aussen!
Wir wohnen in der 3. Etage, also es es nicht so viel einsehbar, aber von einigen der Wohnungen klann man schon bei uns reinschauen, auch von unten von der Strasse aus. Hier im Elbe-Penthouse wird nichts verhängt, allenfalls mal gegen die Sonne. Alle Fenster sind frei – und wir lieben es, das Licht hereinzulassen. Wenn uns mal jemand am Fenster stehen oder am Arbeitsplatz sitzen sieht – na und?! Das ist uns egal. Und die Leute gucken auch wieder weg.
Würden wir unseren Balkon rechts und links verkleiden, hätten wir etwas weniger Wind und könnten auch mal die Zeitung draußen lesen. Das wäre aber der einzige Grund für solch eine Maßnahme.Die linke untere Seite habe ich allerdings mit einem Markisenstoff verschlossen: Dort wohnt nämlich eine Katze, die mein Hund leidenschaftlich anbellt, sobald er sie zu Gesicht bekommt. Ansonsten lasse ich den Balkon einfach begrünen. Auch wir haben keine Gardinen an den Fenstern. Na, ja, keine, die Blicke abhalten würden. Nun haben wir aber das große Glück, dass uns niemand, von welcher Seite auch immer, in die Fenster sehen kann.
Hier in den Niederlanden haben viele Häuser zwar große Fenster ohne Vorhänge – es scheint die Leute also nicht zu stören, wenn jemand reinguckt. Dafür werden aber sehr viele Gärten mit hohen Hecken oder Zäunen abgeriegelt. Unsere ehemalige Nachbarin erklärte uns, als wir gerade eingezogen waren, dass sie gerne „vrij zitten“ (frei sitzen) möchte. Ich stellte mir Wunder was vor, was die in ihrem Garten anstellen. So richtig daran gewöhnt habe ich mich immer noch nicht, da ich in einer Reihenhaussiedlung aufgewachsen bin, in der man de Gärten der ganzen Hauszeile überschauen konnte, außer den des Nachbarn, der mit jedem zerstritten war.
Mir gefielen die gardinenlosen Fenster schon vor Jahrzehnten ausnehmend gut. Heute lese ich dazu, dass es in den Niederlanden eine Gardinensteuer gegeben hat, die die Menschen bewog, nur sehr kurze oder gar keine Gardinen zu benutzen. Und das blieb dann wohl so. Schön!
Das habe ich noch nicht gesehen, dass die Terrasse dicht gemacht wird und der Blick in den eigenen Garten „verbaut“ ist. So etwas kann ich mir kaum vorstellen. Schön, dass Du Deinen freien Blick genießen kannst. Liebe Grüße Leonie
Das kann ich aber nur bei den Kindern. Ich persönlich schaue immerhin vom Balkon aus in die Gärten unter mir. Nach oben ist schlecht dicht zu machen 😉
Meine Liebe, heute werde ich meinen freien Tag im Kreise der Familie im Garten verbringen und freue mich darauf, draußen zu sein. Dir wünsche ich einen wunderschönen Sonntag! Liebe Grüße, Andrea
P.S. Bin leider nicht auf dem Laufenden bezüglich des neuen Enkels. Ist alles gut gegangen?
Ich muss gerade ein Antibiotikum nehmen, dass in Verbindung mit der Sonne zu Pigmentstörungen führen kann. Also bleibt mir nur ein Schattendasein. Dennoch genieße ich die Wärme natürlich.
Ja, es ging alles gut! Ein Junge (12Tage jung), Mutter und Kind wohlauf
Oh, das freut mich für Euch!!!
Dir wünsche ich recht gute Besserung und dass Du die Sonne bald wieder genießen kannst!
Schöne Woche
Andrea
Mein Gatte träumt schon seit Jahren davon, eine kleine „Philosophie der (Garten-)zäune“ zu schreiben 😉 Ich meine fast, es ist auch sehr stark kulturell bedingt, wer sich wo, wie und mit welchen Methoden abgrenzt und einigelt. Wenn man z.B. in England in einer typischen Siedlung (mit den älteren Häusern) spazieren geht, ist mir aufgefallen, dass die Menschen dort ungeniert in ihren Wohnzimmern im Erdgeschoss sitzen und fern sehen … natürlich ohne Gardinen oder Jalousien. Erst, dadurch, dass es mir al so ungewöhnlich aufgefallen ist, habe ich bemerkt, wie anders es doch zum Teil bei uns ist. Ich liebe meinen „offenen“ Garten … der Holzzaun ist zum Drüberschauen und Plauschen gedacht, zum Anbinden der diversesten Pflanzen, zum Überhängen von Beeren, damit die Spaziergänger auch was zum Naschen haben, die Tür steht offen und Hecken aller Art muss man nur schneiden 😉 Und (allermeistens) klappt das so auch mit den Nachbarn 🙂
Und Gardinen, die mir womöglich Licht „stehlen“ … oh nein.
Bei meinen Kindern ist es so, dass alle Hausbesitzer in den letzten drei Jahren nach und nach ihre Häuser gebaut haben. Es ist eine Siedlung ohne Durchgangsverkehr, abseits von einer großen Straße. Da alle Familien Kinder haben (vom Säugling bis zum 6jährigen) ist das offene Konzept wahrscheinlich irgendwie von alleine entstanden. Es gibt kleine Abgrenzungen in Form von Beeten oder Kübeln, aber die Kinder können sich jederzeit ungehindert besuchen. Meine Kinder haben zum noch unbebauten Nachbargrundstück ein Hochbeet errichtet, dass teilweise hinten durch verschieden hohe Holzlatten gehalten wird. Dort wachsen aber auch Clematis und andere fleißige Kletterer in die Höhe.
Zur holländischen Gardinensteuer: http://de.wikipedia.org/wiki/Gardinensteuer
Für möglich hätte ich sie gehalten. Gibt es doch nichts, was man nicht besteuern kann … Zar Peter hatte z. B. eine Rauschebartsteuer eingeführt. Zum Einigeln der Gärten: der Abstand in Reihenhaussiedlungen ist doch ziemlich klein und man bekommt mehr mit, als man wissen möchte. Vielleicht deshalb neigen einige zum „Burgenbau mit hochgeklappter Zugbrücke“.
Ich hatte auch einmal in Holland gehört, dass während WWII unter der deutschen Besatzung ein Gardinenverbot verhängt worden wäre. So wollte man kontrollieren, dass keine konspirativen Versammlungen in en Häusern stattfinden. Allerdings habe ich das nicht recherchieren können. In Reihenhaussiedlungen oder gar bei Doppelhaushälften kann ich das auch verstehen. Da sitzen die Bewohner ja schon fast aufeinander. Aber das ist in unserer Siedlung tatsächlich nicht so. Die Mietshäuser sind weit voneinander entfernt, die Gärten durch die Hecken wirklich nicht einsehbar. Und dadurch, dass über den Terrassen der Mietgartenwohnungen immer Balkone sind, verdunkeln sich die Mieter extrem ihre Wohnzimmer. Aber das muss jeder für sich entscheiden. Ich jedenfalls genieße jeden freien Blick – in jeder Beziehung.
Vielleicht hängt dieses Phänomen der Abgrenzung damit zusammen, dass Privatsphäre immer öfter nicht respektiert wird. Dabei denke ich jetzt noch nicht mal an staatliche Kontrolle, sondern u. a. an die New Yorker Ausstellung „The Neighbours“. Oder wie oft seh ich im Web Fotos, auf denen (ahnungslose/vertrauensvolle) Menschen vorgeführt werden. Dann gibt es Mitmenschen, die einfach nicht merken (wollen) wenn sie Privatheit stören. Wir alle brauchen Rückzugspunkte, und die werden offensichtlich immer weniger geachtet.
Der „holländische Durchblick“ hat mir immer sehr gut gefallen – ich sah dort aber auch nie jemand in die Fenster „gaffen“. Es ist schön zu lesen, dass ein solch respektvoll offener Umgang in der Siedlung Deiner Kinder noch funktioniert.
Lieben Gruß
Eva