Mörderrevier
Gang durch die wiederbereinigte Stadt.
Am Morgen glänzen die Schaufenster
Wie der Reichstag zur Sommerpause.
Auf den Straßen mehr Autos als Menschen.Der Proletenbaum reicht in die Tiefe
Mit rostigen Wurzeln. Bauzäune klappern
Im Ostwind, der fließend Russisch spricht.
Die Erinnerungen gehen wie Blinde umher.Hier war es, hier, hier und hier, flüstern
Die Stolpersteine vor jedem zwölften Haus.
Manchmal das dumpfe Gefühl, wir betreten
Achtlos ein altes Mörderrevier.
Dieses Gedicht von Durs Grünbein, dass mich zutiefst beeindruckt und, ja, und auch erschüttert hat, habe ich im Tagesspiegel Checkpoint gelesen. Veröffentlicht wurde es heute in der FAZ.
Ein erster Gedanke dazu: ich glaube, wer fließend Russisch spricht, schaut anders auf die Welt!
Auch im nahen Lieblingsstädtchen gibt es viele Stolpersteine. An keinem konnte ich bis jetzt achtlos vorbeigehen, das mit dem „Mörderrevier“ : wohl wahr!
ich finde es auch sehr gut
Es trifft und regt zum kritischen Nachdenken an. Das wir (für alle bzw. die große Masse?) ist mir jedoch zu pauschal.