Sehr, sehr erwachsene Rüpelrepublik

Es gibt ein Buch, das gerade in aller Munde ist: Die Rüpelrepublik von Jörg Schindler. Ich denke, jede/r von uns hätte dieses Buch schreiben können. Zu diesem Post muss ich vorab sagen, dass ich heute unsäglich schlecht gelaunt bin. Der Grund dafür? Sehr Privat! Vielleicht ist das aber ausschlaggebend dafür, dass mir heute die Ichlinge besonders auffielen. Ich habe gelernt und verinnerlicht, dass ich mich kurz umsehe, wenn ich durch eine Tür gehe, ob jemand nach mir genau das auch tun möchte. Nämlich durch diese Tür gehen. Also warte ich ein Momentchen und halte diesem Menschen die Tür auf. Das kostet mich absolut nichts. Ganz im Gegenteil! Meistens bekomme ich sogar noch etwas dafür: Ein Danke. Und was passiert mir? Ich würde gegen etliche Türen stoßen, da kein Mensch vor mir „Rücksicht“ nimmt. Es schaut niemand mehr nach hinten. Oder nach unten. Nur das Ich scheint zu zählen. NixZen  hat letzens dieses Video hochgeladen, dessen Inhalt mir wohl bekannt war. Dennoch sah ich es plötzlich aus einem anderen Blickwinkel. Nur wenn wir die „Schwachen“ nicht nur mitnehmen, sondern als Baustein unseres Seins betrachten, ergeben wir ein Ganzes. Mir fällt gerade das gerne zitierte Wort Inklusion ein : „Es ist normal, verschieden, also auch schwach,  zu sein.“

Ich schweife gerade vom Kern dessen, was ich eigentlich sagen wollte, ab. Nicht nur heute fiel mir auf, dass sehr viele erwachsene, oder noch besser gesagt, sehr viele sehr erwachsene Menschen offensichtlich ihre gute Kinderstube vergessen haben. Oder war diese gute Kinderstube vielleicht nur Drill? Da stehen vier dieser Generation Angehöriger auf dem Weg in unserer autofreien Siedlung und unterhalten sich. Das ist im Prinzip auch gut so! Ich komme per Rad von meinem Samstagmarkteinkauf die leichte Anhöhe hochgeschnauft. Und macht einer der vier Platz? Nö! Erst durch mein freundliches „Darf ich bitte mal durch?“ machen sie mir mürrischPlatz. Dann gibt es die, die öffentliche Müllbehälter ignorieren, ihre beschuhten Füße auf die Sitze von Bus und Bahn legen oder  sich über zwei Sitzplätze fläzen und dem gebrechlichen Menschen keinen Platz anbieten (der sich wiederum nicht traut zu fragen, man weiß ja heute nie so genau welche Folgen das haben könnte). Immer mehr Menschen halten Bitte und Danke für Fremdwörter, malträtieren ihre Umwelt dafür mit endlosen Monologen ihrer Handygespräche. Gestreichelt wird nur noch das Display, da kann das Kind im Kinderwagen noch so sehr um Aufmerksamkeit betteln. Dem größeren wird rasch ein Knopf ins Ohr gesteckt, damit es mit Musik vom MP3Player abgelenkt ist, bis es endlich sein eigenes Mobilfunkgerät bekommt. Letztens pöbeln mich zwei ca.10jährige an, weil ich in unserer (autofreien) Siedlung mit dem Rad in der Mitte des sher breiten Weges gefahren bin. Sie selber veranstalteten gerade ein Wettradeln, was ja in Ordnung ist; wo können Großstadtkinder das heute sonst noch machen? Ich bin  in die Pedalen gestiegen und ihnen hinterher gefahren. Zum einen habe ich ihnen erklärt, dass „blöde Kühe“ nicht Radfahren können und dann erläutert, warum ich prinzipiell in der Mitte des Weges fahre. Von diesen Wegen gehen die Zugänge zu den Häusern ab. Die Zugänge wiederum sind rechts und links bis zum Hauptweg durch hohe Sträucher gesäumt und daher nicht einsehbar. Nicht selten kommt ein Kind, manchmal auch ein freilaufender Hund, plötzlich auf den Hauptweg gerannt. Beide möchte ich nicht anfahren. Daher halte ich eben Abstand. Debbeiden Jungs war das egal. „Na und! Solln die doch aufpassen“, war ihre Antwort.

Ich sehe mir in der U- und S-Bahn gerne die Gesichter meiner MitfahrerInnen an und stelle fest, dass die heruntergezogenen Mundwinkel zunehmen. Nicht nur bei den sehr sehr erwachsenen Menschen, bei denen bei fortschreitendem Alter die zunehmende Schwerkraft als Entschuldigung herhalten könnte. Nein! Auch bei einigen jungen Mädchen ist schon zu sehen, wie die Mundwinkel in 20 oder 30 Jahren aussehen werden. Ist euch schon einmal aufgefallen, dass dieses Phänomen bei Männern bedeutend seltener zu beobachten ist? Was sagt das nun wieder aus? Ich hege gerade den Verdacht, dass dieses Thema sehr breitgefächert ist.

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29 Antworten zu Sehr, sehr erwachsene Rüpelrepublik

  1. Follygirl schreibt:

    DANKE …für diesen Beitrag… er sprach mir gerade aus der Seele…

  2. Monika schreibt:

    Guten Morgen,

    da kann ich leider bei vielem zustimmen. Wenn ich zum Beispiel arbeite, habe ich auch manchmal das Problem der Rücksichtnahme. Es ist verrückt, wenn man eine freundliche Antwort gibt, ein knurrendes Danke oder gar keins zu hören, bloß weil die Antwort nicht nach ihrem Geschmack waren (das nur als Beispiel). Ein anderes Beispiel ist noch gravierender. Als ich mit einem Fuß bei einer Treppe umgeknickst bin, habe ich laut aufgeschrieen (später stellte sich heraus, dass die Sehne angerissen war), da ist kein Mensch, der an mir vorbei gelaufen ist, stehen geblieben. Einerseits kann ich es verstehen, da es einige gibt, die das vielleicht als Masche für ein Verbrechen machen, andererseits aber nicht, wenn es an einer Straße passiert, wo viele Leute vorbei gehen.

    Dass die Mundwinkel immer heruntergezogener werden, liegt, glaube ich, nicht unbedingt nur daran, sondern auch daran, dass es immer schwerer wird, Beruf und Familie zu vereinbaren.

    Viele Grüße

    Monika

    • Elvira schreibt:

      Es sind ja die noch jungen Mädchen, die schon so grimmig schauen, wenn sie alleine unterwegs sind. Ich kenne einige Frauen (und einen Mann) die alleinerziehend sind, viele Probleme bewältigen müssen und dennoch eine freundliche Ausstrahlung haben. Die Schwierigkeit, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen, wird so schnell wohl nicht gelöst werden können. Jedenfalls solange nicht, wie Männer sich nicht ändern. Mit auch mal Babywickeln und Kinderwagen schieben ist es leider nicht getan. Das sieht man schon daran, wie sich Eltern die Elternzeit aufteilen. Väter nehmen in der Regel höchstens zwei Monate in Anspruch, sehr, sehr wenige mehr.

      • Monika schreibt:

        Guten Abend Elvira,

        auch wenn Du manches richtig sagst, kann ich Dir bei manchem nicht zustimmen. Es ist richtig, dass es nicht nur mit Geld oder ein paar Stunden getan ist, ein Kind zu erziehen und zu lieben. Wenn man aber sein Kind liebt, so erledigt man die Aufgabe meist mit Freude. Wenn meistens die Männer wieder schnell in den Beruf zurückkehren, so hat das oft auch mit Geld zu tun, da sie mehr verdienen und eine junge Familie Geld braucht, da der Staat ihnen nicht genug zahlt. Diese Diskussion führt aber hier etwas weit vom Thema weg, oder?

        Viele Grüße

        Monika

        • Elvira schreibt:

          Nein, das ist ein sehr wichtiges Thema, und es passt auch zum Post. Denn wenn unser Staat – und das sind letztendlich wir alle – nicht dafür Sorge trägt, dass Frauen die selben Chancen – und Gehälter (!) – bekommen wie Männer, wird sich nichts ändern. Genau so ist es mit den Lippenbekenntnissen der Politiker, wenn es um die Kinderbetreuung geht. Wie „wichtig“ uns die Kinder sind, sieht man ja am Schul- oder Kitaessen.
          Mein älterer Sohn konnte auch nur zwei Monate Elternzeit nehmen, der jüngere 10 Monate. Das lag aber auch daran, dass er noch studiert und meine Schwiegertochter bereits ihr 2.Staatsexamen gemacht hat und eine Stelle hat. Bei ihnen ist es also genau umgekehrt, und das wird es wohl auch noch etwas länger bleiben.
          Liebe Grüße von Elvira

  3. mayarosa schreibt:

    Liebe Elvira, ja, es fehlt an Respekt. Es fehlt an der Fähigkeit, über das eigen Ich hinauszudenken. Gestern war ich recht früh am Morgen in der Innenstadt. Das Parkhaus meiner Sparkasse hat in der ersten Etage Frauenparkplätze. Interessanterweise war die erste Etage proppevoll, in der zweiten noch ein Platz frei und ab der dritten quasi leer. Interessant denke ich. Da müssen jetzt wohl 80 Prozent Frauen stehen, denn in der zweiten Etage stehen ja Männer und Frauen … ganz offensichtlich ist es einigen egal und sie parken als Mann auf Frauenparkplätzen, als gesunder auf Behindertenparkplätzen etc. Mich dünkt, dass dieser fehlende Respekt vor den Interessen anderer oder der Gesellschaft und ein Erziehungsstil, der ganz auf die Interessen der Kinder ausgerichtet ist, irgendwie zusammenhängen. Wie sollen Menschen, die erfahren haben, dass Ihre Interessen das Wichtigste auf der Welt sind, lernen zurückzustecken für die Interessen anderer?
    Ist sicher nur ein Aspekt, ein anderer ist vermutlich der Zeitdruck und all das, worüber es in dem Film geht, den ich letztens empfohlen habe… und wahrscheinlich hat es noch ein paar Gründe mehr.
    Die Schwachen sind nur schwach, wenn die Umgebung von ihnen andere Fähigkeiten als die eigenen fordert. In einer Gesellschaft etwa, in der zugepackt werden muss, geschleppt, gehämmert, gemessen und gebaut, da würde mancher schlaue Akademiker ziemlich dumm aussehen. In einer Gesellschaft, in der die Fähigkeit, offenen Herzens auf andere zuzugehen, ein Wettbewerbsvorteil wäre, wären die Downmenschen an der Spitze.

    • Elvira schreibt:

      Dem kann ich nur vollkommen zustimmen, auch wenn es natürlich zupackende Akademiker gibt 😉 Und was die Kinder betrifft, beobachte ich genau das, was Du so treffend beschreibst. Was lernt ein Kind daraus? Oder besser, was wird aus ihm? Im schlimmsten Fall ein Ichling.
      Der Film steht diese Woche auf meinem Programm!

  4. mayarosa schreibt:

    oh.. ich reiche dir noch ein „n“ hinterher, muss natürlich denn heißen. Hoffe, es sind nicht noch mehr Tippfehler drin.

  5. Der Emil schreibt:

    Ichlinge … Und nach diesem Buch werd ich Ausschau halten.

  6. NixZen schreibt:

    Eine Freundi hat mich letzte Woche besucht, sie kommt aus dem Norden. Wir gingen in ein Bielefelder Restaurant und es war nur ein kleiner Tisch frei an den wir uns setzten, nebenan standen später Leute auf und sagten wir könnten uns jetzt auch dorthin setzen, Die Freundin wunderte sich, in HH würde es keiner sagen. Ich empfinde es in Bi als normal so etwas zu machen, für sie ist es umgewöhlich, vielleich liegt es an der Größe der Stadt?

  7. bubblegumcandy schreibt:

    bei uns hier drueben ist das tuereaufhalten fuer andere so gut wie an der tagesordnung. es kommt nur sehr selten vor, dass ich mal kein danke dafuer bekomme, wenn ich die tuere fuer jemanden aufhalte. fuer mich wird die tuer auch meistens aufgehalten. das finde ich hoch anstaendig und es zeugt von einer guten erziehung. sogar die teenager machen das hier. und hier entschuldigt sich auch jeder wenn er an jemandem vorbei gehen will z.b. wenn’s eng wird und man sich nicht vorbeizwaengen will, und auch wenn man angerempelt wird, wird sich entschuldigt.

  8. Frau Momo schreibt:

    Ich hatte auch gerade so ein Beispiel bei Ikea auf dem Parkplatz, wo eine offensichtlich nicht behinderte Frau auf einem Behindertenparkplatz parkte, die natürlich schön nahe am Eingang sind. Ich hab mein Fenster aufgemacht und sie gefragt, ob sie gerne die Behinderung zu dem Parkplatz hätte. (Den Spruch hab ich von Piri) Sie guckte nur und ging vergnügt ins Möbelhaus. MIch regt sowas maßlos aus. Für uns gesunde sind ein paar Schritte mehr auch bei Regen nicht schlimm, einem Behinderten ist vielleicht so der Besuch des Möbelhauses gar nicht mehr möglich.
    Und es geht weiter hier mit der Müllentsorgung. Da stehen Farben, ganze Waschmaschinen und ich weiß nicht was alles vor dem Haus… alles Zeugs das nicht in den Hausmüll gehört und das auch nicht mitgenommen wird. Aber irgendwer wird es irgenwann schon irgendwie entsorgen. Nach mir die Sintflut.
    Man könnte diese Erlebnisse leider fast endlos fortsetzen. Manchmal denke ich auch, heute lernen die Kids das gar nicht mehr, was wir noch so mit auf den Weg bekommen haben und was wir vielleicht damals als spießig empfunden haben.

    • Elvira schreibt:

      Weißt Du, bei den jungen Menschen habe ich ja noch Hoffnung. Was mich so entsetzt sind die, wie ich es gerne umschreibe, sehr, sehr erwachsenen Menschen, also die, von denen man allgemein eine gute Kinderstube erwartet. Da denke ich oft, ups, ob die sich das von den jungen abgucken, oder resigniert haben, weil sie mit guten Manieren eh nicht mehr ankommen? Bei unseren Enkel gehört (en) Bitte und Danke zu den ersten Begriffen, die sei gelernt haben. Gerade gestern im Restaurant beobachtet. Laura (3) hat sich Nudeln ohne Soße bestellt, Emil (fast 2) möchte Nudeln abhaben. „Emil bitte auch Nudeln“, sagt der Stepke und Laura reicht ihm einzelne Nudeln mit einem „Bitte, Emil“ rüber, wobei Emil sofort „Danke, Laura“ sagt. Gut, die beiden haben dann ein Spiel daraus gemacht, aber dennoch wissen sie, was diese Begriffe bedeuten und wann sie anzuwenden sind.
      Der Müll ist hier auch ein Endlosthema. Überall landet der. Jetzt sieht man auch wieder deutlich, was so alles zwischen den Sträuchern liegt. Ach, nee, das ist nicht schön.
      Nichtsdestotrotz wünsche ich Dir eine schöne und erfolgreiche Woche!

  9. Frau Blau schreibt:

    Für mich ist eher die Frage, wie erwachsen denn nun wirklich Erwachsene sind. Erwachsen sein heißt für mich Verantwortung zu übernehmen, für mich, mein Handeln und Sein, ebenso wie für das meiner Liebsten und den Mitmenschen und sei es ihnen die Türe aufzuhalten…
    Dein Ärger ist begründet und die Frage, was soll nur werden, berechtigt. Ich beobachte z.B. immer wieder an der Kasse des neuen Supermarktes, in dem auch viele Internatschüler (Eliteschule…) einkaufen, weder ein Hallo, noch ein Bitte, geschweige denn ein Danke für die Kassiererin übrig haben. Es schüttelt mich immer wieder.
    Ich kann es einfach nur anders machen und versuchen Werte, wie z.B. Respekt dem/der anderen gegenüber auch meine Enkelin weiter zu geben… nein, die Welt ist nicht wirklich freundlicher geworden. JedeR für sich und Gott gegen alle… 😦

    danke dir für diesen Artikel und sei von Herzen gegrüßt
    Frau Blau

    • Elvira schreibt:

      Ich begrüße auch jedes Mal den Fahrer, wenn ich in den Bus einsteige. Manch einer schaut mich dann leicht verdattert an, aber ausnahmslos alle grüßen zurück. Und schon steht ein Lächeln im Raum! So einfach!
      Liebe Grüße von Elvira

  10. Monika schreibt:

    Guten Morgen Elvira,

    ich kann leider nicht mehr direkt darauf antworten, aber ich denke, dass Du es schon zuordnen kannst. 😉

    Ich gebe Dir da in allen Punkten recht. Das Problem der Einzelnen ist nur, dass sie selbst nicht immer mit dem zufrieden sind, was sie haben. Der Staat könnte anders handeln, aber wir sind jetzt nun mal in der Lage. Wenn wir etwas ändern könnten, sollten wir das tun. Wenn nicht, dann sollten wir manchmal zufrieden sein mit dem, was wir haben. Mich stört nur, wenn Eltern gezwngen sind, arbeiten zu gehen, weil sie sonst ihre Familie nicht ernähren können und somit auch bei Grundschulkindern nicht daheim bleiben können, auch wenn sie es wollten.

    Viele Grüße

    Monika

  11. Himmelhoch schreibt:

    Ich betreue ja seit 2004 Kinder über den Großelterndienst und das Jugendamt – und habe dadurch schon sehr, sehr viele Elternhäuser erlebt. Mein Eindruck: „Wir erziehen uns die kleinen Tyrannen von heute zu den großen Ekeln von morgen.“ Der Anspruch der Kinder ist manchmal gar nicht so maßlos, aber die Eltern und Großeltern pumpen in die Kinder Verwöhnung hinein, was nur hinein geht.
    Wie oft habe ich schon in der S-Bahn den Platz gewechselt, weil mir die Musik aus den Ohrhörern des Nachbarn zu laut war – mir zu laut, die ich grottenschwerhörig bin.

  12. Elvira schreibt:

    Ich habe gestern den Anruf einer Frau bekommen, die ich seit den Grundschuljahren meines älteren Sohnes kenne. Wir treffen uns gelegentlich auf dem Markt oder vor einigen Monaten bei einer Lesung, ohne dass es zu gezielten Treffen gekommen wäre. Nun gestern also ein Telefongespräch über 1,5h. Ein Thema: Kindererziehung im öffentlichen Raum. Diese Frau hat 15 Jahre in einer Grundschule als Erzieherin gearbeitet und vergleicht diese Zeit mit der Erzieherarbeit in den meisten öffentlichen Kitas. Diese kennt sie durch drei Enkelkinder recht gut. Was sie mir da so erzählt, ist ein weiteres Indiz dafür, was mein Mann prophezeit. Unser Staat möchte vielleicht 20-30% gebildete Kinder, der Rest wird schon von der Krippe an aufs Abstellgleis geschoben. Da wird nur noch aufgepasst, dass den Kindern nichts passiert, aber so gut wie nichts angeboten. GsD sind meine Enkel in Kitas, in denen nicht nur betreut wird.
    Götz Aly hat in zwei Kolumnen die Krippenerziehung beleuchtet und sehr kritisiert, welche Standards heute gefordert werden. Dabei müsse man ja nur nach Schweden und Finnland schauen, wie dort die Kinder in Krippen und Kitas betreut werden. Nämlich nach Konzepten, die sich Erziehungswissenschaftler früher in den DDR-Einrichtungen abgeguckt haben. Sicher war nicht alles Gold, aber mit den Kindern wurde nicht nur gesungen und gebastelt, nein, das Wohl des Kindes stand im Mittelpunkt, sein Wachsen und Gedeihen wurde individuell bgleitet. Ich weiß nicht, ob es überall so war, ich bin nicht in der DDR aufgewachsen. Aber besser als heute in vielen Kitas war es sicher.

    • Himmelhoch schreibt:

      Elvira, meine beiden Kinder gingen in unterschiedliche Einrichtungen – die Tochter in einen katholischen und der Sohn in einen staatlichen Kindergarten. Vom ersteren war ich weitaus weniger begeistert als vom zweiten. – Echt, so schöne Sachen hätte ich mit ihm bestimmt nicht gebastelt – ich hatte immer das Gefühl, dass er sich richtig wohl fühlt dort.

      • Elvira schreibt:

        Ich kann, was Kitas betrifft, nicht mitreden. Meine Söhne gingen ab dem 2.Geburtstag in einen evangelischen Miniclub. Zunächst stundenweise, bis zur Einschulung dann den ganzen Vormittag. Nach dem Mittagessen holte ich sie ab (was meiner Abneigung gegen das tägliche Kochen sehr entgegen kam). Ich war nicht berufstätig (das wiederum tut meiner Rente nun überhaupt nicht gut, würde es dennoch wieder so machen). Der Miniclub war einfach toll. Eine sehr engagierte Erzieherin plus ein Elternteil täglich. Ausflüge und Kinderreisen gab es, natürlich Krippenspiel und Laternenumzug, Puppentheater, viele Bücher und viel, viel kreative Tätigkeiten. Natürlich wurde auch einfach „nur“ gespielt. Leider wechselte die Erzieherin, nachdem mein älterer Sohn eingeschult wurde, in eine andere Gemeinde. Die nächste war zwar nett, hatte aber einige Phobien, so dass Ausflüge, bei denen sie hätten öffentliche Verkehrsmittel nutzen müssen, gestrichen wurden.
        Ich merke gerade, wie sich das Thema hier zu einem völlig anderen entwickelt. Obwohl, das eine hängt ja doch sehr mit dem anderen zusammen.

  13. Himmelhoch schreibt:

    Ich denke sehr oft, dass viele meinen, die Erziehung findet in der KITA oder in der Schule statt – falsch, dafür sind die Eltern zuständig, bei denen es aber leider sehr oft daneben geht. – Zum Glück gibt es auch andere Beispiele.

  14. isa schreibt:

    Dazu könnte ich auch Bände schreiben. Eines allein mit dem Titel: Antworten auf höfliche Fragen oder Bewerbungen. Die krasseste Antwort erhielt ich mit den Worten: Sowas wie dich hat man früher vergast! Ich finde, dass es mittlerweile sehr an erwachenen Vorbildern für Benimm und Anstand mangelt. Besonders in Städten, die mehr Anonymität zulassen als kleinere Gemeinden und wo junge Leute nicht eingebunden werden sondern sich selbst überlassen sind. Sie stärken sich in ihren Peergroups wo sie sich aneinander festhalten können. Wir hätten früher nichts einfach auf die Straße werfen können ohne dass Erwachsene das gerügt hätten und uns zum Aufheben und in den Abfall werfen angehalten hätten. Das traut sich heute ja keiner mehr. Die älteren haben zum Großteil resigniert. Auch Migrantenfamilien äußern dass ihre Jugend hier in Deutschland den Respekt verlieren würde, der in ihrer Heimat noch selbstverständlich war. Politik und Gesellschaft stehen vor großen Aufgaben. Und gerade die Politik übersieht vor lauter Eurokrise, Banken und Wirtschaft die Menschen, für die sie eigentlich gesunde Grundlagen zum Leben schaffen müßte. So gesehen verwundert mich diese Entwicklung nicht mehr so sehr.

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