Etüde Textwoche 8+9 2020

Die Moral von der Geschichte ist manchmal unmoralisch, jedenfalls in der heutigen Zeit und wenn man, wie ich,  Gegner der Todesstrafe ist  – verdichtete Gedanken in 124 Wörtern – für das Etüdenprojekt von Christiane – dieses Mal mit einem Bild von mir

Lumpenpack

Immer dieses Lumpenpack,

Täglich neuer Schabernack,

Grinsen breit übers Gesicht,

Denn sie werden nie erwischt,

Haben Fersengeld gegeben,

Bevor wir uns vom Stuhl erheben,

Gestern, heute, jederzeit,

Sind zu Streichen sie bereit,

Klingeln, um dann wegzurennen,

Angeln sich gebratne Hennen,

Lassen Pfeifen explodieren,

Ohne sich je zu genieren,

Und bevor wir uns berappeln,

Sehn wir im Bett die Käfer krabbeln,

Während wir noch schimpfend fluchen, 

Werden sie schon das Weite suchen,

Bei Busch, da kamen sie nicht weit,

Sie taten ihm so gar nicht leid,

Waren am Schluss dann mausetot,

Endeten als Futterschrot,

Doch dieses Ende mag ich nicht,

Auch nicht hier in dem Gedicht,

Vielleicht wärn Max und Moritz heute,

Anständige und brave Leute?

Auch Lumpenpack sollte man im Leben,

Eine zweite Chance geben.

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14 Antworten zu Etüde Textwoche 8+9 2020

  1. Oma Schlafmuetze schreibt:

    Toll geschrieben. Max und Moritz. Wer kennt sie nicht, diese Lausejungen. Ich denke auch, aus denen wäre was brauchbares geworden. 😉

    • Elvira schreibt:

      Vielleicht! Vielleicht aber auch korrupte Politiker? Oder Gangster? Vielleicht aber auch humanistische Denker. Wer weiß? Als Kind habe ich mich bei diesem Gedicht von Busch sehr gefürchtet. Wie bei den Geschichten im Struwwelpeter.

      • Oma Schlafmuetze schreibt:

        Der Struwelpeter war mein allererstes Buch. Mein Bruder bekam von der Oma ein neues Fahrrad, ich das Struwelpeterbuch. Weil ich irgendwann wusste, das sie mich nicht mochte, nahm ich an, ich hätte das Buch bekommen, weil ich Struwelhaare habe und zu lange Nägel. Was man sich als Kind immer so ausdenkt, um Erklärungen zu finden.

  2. Ulli schreibt:

    Liebe Elvira, ich fand den Schluss auch immer empörend und gemein, wie auch den Struwwelpeter.
    Ja, man sollte Menschen immer eine zweite Chance geben, aber irgendwann darf man auch mal sagen: es reicht! Dafür muss man niemanden zu Korn mahlen oder auf einen elektrischen Stuhl setzen.
    Toll geschrieben und das Bild dazu gefällt mir auch sehr, ja manchmal ist man der/die Dunkle, manchmal der/die Helle … ich möchte niemals richten müssen!
    Herzliche Grüße am Sonntagabend,
    Ulli

    • Elvira schreibt:

      Ja, vielleicht noch eine zweite Chance, aber nach dann ist Schluss! Wobei es da auch bei mir Grenzen gäbe. Einem schlagenden Mann würde ich keine zweite Chance einräumen. Aber das wäre dann auch kein Bubenstreich mehr.
      Herzliche Grüße auch an dich!

  3. Christiane schreibt:

    Der Struwwelpeter wollte erziehen, ganz klar, was man damals halt unter Erziehung verstand. Wollte Busch das auch? Denn dass er damit auch Angst machte, kann ihm nicht entgangen sein. Oder waren die berühmten Zeiten einfach so, dass man darüber lächelnd hinwegsah?
    Heute – ach, ich weiß nicht. „Kopf ab“ ist sicherlich keine Lösung. Ich sehe allerdings so einige Leute, von denen ich denke, dass die sich nicht ändern, auch bei der dritten, vierten oder fünften Chance nicht, weil sie einfach bisher mit allem immer durchgekommen sind.
    Schwierig, ja.
    Liebe Grüße, danke für diese wunderbare Reimerei!
    Christiane 😀

    • Elvira schreibt:

      Ich war sehr lange Daumenlutscherin. Der Struwwelpeter hatte da keine erzieherische Wirkung. Was ich aber nie vergessen werde ist die Weihnachtsfeier in einer Kinderrehaeinrichtung 1962 im Allgäu. Knecht Ruprecht las von einer Liste die Namen der Kinder vor, die noch am Daumen nuckeln. Ich zitterte vor Angst, denn alle aufgerufenen Kinder mussten sich vor Knecht Ruprecht aufstellen. Wie durch ein Wunder blieb ich verschont. Dennoch nuckelte ich weiter. Später, als ich den Struwwelpeter kennenlernte, schien das eher unwahrscheinliche Abschneiden der Daumen für mich weniger schlimm. Die Brutalität des Endes von Max und Moritz sowie die Grausamkeiten in vielen Märchen, haben mich aber schon immer abgestoßen.
      Was weitere Chancen betrifft, hast du natürlich Recht. Manche Menschen sind unverbesserlich. Und erreichen damit oft sehr viel.
      Einen guten Start in die neue Woche wünscht Elvira

  4. rene_berlin schreibt:

    Tolles Gedicht, schön auf den Punkt. Und ja, eine zweite Chance wäre bestimmt ok 🙂

    VG,
    René – BerlinAutor

    • Elvira schreibt:

      Allerdings hat Christiane auch Recht. Manche Menschen nutzen die weiteren Chancen nicht. Warum das so ist, würde einen langen Gedankenaustausch nach sich ziehen.
      Viele Grüße ,
      Elvira

  5. Gudrun schreibt:

    Es ist schön zu sehen, wie kreativ du bist. Deine Texte, die Zeichnungen, alles zeugt davon.

  6. quiltfru schreibt:

    Jeder Mensch verdient eine Chance. Die Todesstrafe finde ich abscheulich. Als bekennender Atheist finde ich es jedoch unbegreiflich und unerträglich, dass gerade die Anhänger des christlichen Glaubens sich nicht an das Gebot „Du sollst nicht töten“ halten. Im Namen Gottes (welches auch immer) wird man lustig gemordet. Auch für Verbrecher muss dieses Gebot gelten. Eine schöne restliche Woche, Birgitt

  7. Pingback: Schreibeinladung für die Textwochen 10.11.20 | Wortspende von Corlys Lesewelt | Irgendwas ist immer

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