Beim zweiten Blick

erkannte ich erst, was da auf dem großen Werbeplakat stand. Zunächst sah ich die Flasche und dachte bei mir, dass das schon ein merkwürdiger Name für ein neues Mineralwasser ist. Und warum brauchen wir überhaupt noch ein weiteres Mineralwasser? Und dann auch noch von so weit her? Erst als ich näher kam, erkannte ich, worum es geht. Nun frage ich mich, wieviele Menschen werden wohl darüber nachdenken, was damit zum Ausdruck gebracht werden soll?

Ich muss gestehen, dass ich eine Zeitlang überlegt habe, ob ich das posten soll. Nicht, weil ich diese Botschaft für überflüssig oder gar falsch halte. Ganz im Gegenteil! Aber wem ist geholfen, wenn das zu einem Beitrag in meinem Blog wird? Ihr, die ihr hier lest, schwimmt doch in dieser Hinsicht auf der gleichen Wellenlänge wie ich. Ihr seid kritisch, politisch und gesellschaftlich aktiv, auch wenn sich das, wie auch bei mir, meistens um Spenden handelt. Warum also sollte ich dieses Werbeplakat posten? Mache ich das vielleicht nur, um mal wieder irgendetwas zu veröffentlichen? Könnte dieser Anschein entstehen? Das waren so Fragen, die mir durch den Kopf gingen. Und nein, zu schreiben hätte ich gerade viel, denn mir gehen gerade 1000 Dinge durch den Kopf.

Dieses Plakat hat mich sehr berührt. In seiner subtilen Einfachheit steckt die geballte Grausamkeit der europäischen Flüchtlingspolitik. Wir müssen immer wieder daran erinnert werden, damit wir nicht blind gegenüber diesem Elend werden. Gerade jetzt!

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9 Antworten zu Beim zweiten Blick

  1. Frau Momo schreibt:

    Da kriegt man einen Kloß im Hals. Aber gut gemacht. Leider…. Wir unterstützen ja seit Jahren Ärzte ohne Grenzen und die Sea Watch. Mehr als das immer wieder thematisieren, kann man ja leider kaum machen

    • Elvira schreibt:

      Ich weiß gar nicht, ob die meisten Menschen das Plakat überhaupt richtig wahrnehmen. Dort hängen ja sonst die echten Werbetafeln. Am Bahnhof Rudow lebt seit diesem Sommer ein Obdachloser. Er hat einen weißen Plastikgartenstuhl, auf dem er unter vielen Decken schläft. Bisher habe ich nur einmal sein Gesicht gesehen, aber auch da schlief er. Sollte er einmal wach sein, werde ich ihn fragen, ob er etwas warmes trinken oder essen möchte. Aber nicht immer wird das gewollt. Ein jüngerer Obdachloser, der im Sommer hinter der Haltestelle schlief, lehnte einen Geldschein ab. Echte Hilfe kann ich leider auch nicht leisten. Nicht mal als Ehrenamt, da meine Gesundheit leider auch etwas zu wünschen übrig lässt.

      • Frau Momo schreibt:

        Ich kann es rein zeitlich nicht mehr, habe mich aber immer mal wieder nach meinen Möglichkeiten engagiert und bin nächtens im Kältebus durch die Stadt gefahren und habe Heiligabend und den 1. Feiertag in einer Obdachlosentagesstätte geholfen. Das wird dieses Jahr leider nicht gehen. Uns bleibt zur Zeit auch nur mit etwas Geld zu helfen. Wir unterstützen wieder die Hotelunterbringung, die sich im letzen Winter sehr bewährt hat, nicht nur, weil die Menschen schlicht überlebt haben.

        • Elvira schreibt:

          Da hast du viel mehr gemacht als ich! Ich habe immer nur gedacht, dass ich mal was machen müsste. Aber während ich noch berufstätig war, fehlte mir schlicht und einfach Zeit und Kraft. Jetzt hätte ich die Zeit, aber die Kraft fehlt jetzt noch mehr.

  2. quiltfru schreibt:

    Puh, jetzt habe ich am ganzen Körper eine Gänsehaut. Was für ein irres Plakat. Es ist einfach so unsagbar grausam was da unten geschieht. Kein Wunder, dass manche, die es bis hierher geschafft haben, psychisch gestört sind. Sie müssen unvorstellbares erlebt haben und noch erleben. Kein Mensch verläßt aus Jux seine Heimat. Und was unterscheidet einen Schwarzafrikaner von einem Nordafrikaner oder einem Ukrainer? Es sind doch alles Menschen und sie haben alle eines gemeinsam: Grenzenlose Verzweiflung. Nein, bei diesem Thema kann ich mich immer nur fremdschämen. Mehr kann ich dazu nicht sgen, Birgitt

  3. Das eigentlich gruselige ist, dass man (inzwischen? oder von Anfang an?) sich nicht recht sicher ist, wessen Plakat das ist. Klar, die Meisten gehen ohne einen weiteren Gedanken weiter, immer weiter, ihren ausgetretenen Pfad. Viele entrüsten sich – wie kann das sein? Gibt es denn nicht eine (Selbst-)Verpflichtung, Hilfe zu leisten, gar noch in Seenot? Wurden nicht früher mal Leute angeklagt, die das unterließen, ist es inzwischen verboten, dem DLRG, vermutlich eine Terrorvereinigung, zu spenden?

    Aber leider, schaut auf die Umfragen, werden viele tatsächlich nicken und sagen: Ja, genau. Selbst schuld, wenn man ins Wasser springt, muß man selbst sehen, wie man wieder herauskommt, hättet ihr mal besser aufgepaßt, in welchem Land ihr geboren werdet, so wie wir, das hier ist nämlich ein verdienstvoll reiches Land, das ständig Angst vor Verarmung und Bedeutungslosigkeit hat, früher schon – es fing dann halt ein paar Kriege an und metzelte Leute und raubte sie aus. Es. Das Land. Nicht die Leute. Die Wähler.
    Und so frage ich mich tatsächlich, wie das Plakat gesehen wird. Und welches Plakat morgen dort hängen wird.

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